Ausdifferenzierung der Kompetenzbereiche
Die Kompetenzbereiche, die für den naturwissenschaftlichen Unterricht zutreffen, werden im Folgenden für den Unterricht im Fach Biologie ausdifferenziert.
Die prozessbezogenen Kompetenzen sind in folgende Bereiche unterteilt:
• Erkenntnisgewinnung (EG)
• Kommunikation (KK)
• Bewertung (BW)
Die inhaltsbezogenen Kompetenzen sind nach den Basiskonzepten der Biologie gegliedert:
• System (SY)
• Struktur und Funktion (SF)
• Entwicklung (EW)
Die prozessbezogenen Kompetenzen stehen gleichrangig neben den inhaltsbezogenen. Die Effektivität des Unterrichts hängt wesentlich von der Verzahnung der prozess- und inhaltsbezogenen Kompetenzen ab. Die Kompetenzen zeigen in der Regel im Laufe der Schuljahre eine Progression vom Einfachen zum Komplexen. Ausgehend von den unmittelbar wahrnehmbaren Phänomenen werden Zusammenhänge zunehmend auf mikroskopischer und molekularer Ebene erarbeitet. Es ist Aufgabe des Unterrichts, diese Lernlinien den Lernenden transparent zu machen.
Prozessbezogene Kompetenzen.
Die Erkenntnisgewinnung im Biologieunterricht orientiert sich am naturwissenschaftlichen Erkenntnisweg und an den fachspezifischen Arbeitsweisen. In der direkten Begegnung mit der Natur gewinnen die Schülerinnen und Schüler durch Beobachten, Beschreiben und Vergleichen Kenntnisse über biologische Phänomene und Zusammenhänge. Komplexere Sachverhalte lassen sich durch Abstraktion und Beschränkung auf die wesentlichen Aspekte sowie den Einsatz von Modellen erschließen. Der problemorientierte Biologieunterricht geht von Phänomenen und daraus ableitbaren Fragestellungen aus. Die Schülerinnen und Schüler stellen Hypothesen auf, planen Untersuchungen und Experimente und führen sie durch. Durch die Auswertung der Versuchsergebnisse erhalten sie Antworten auf die Problemstellung. Der naturwissenschaftliche Erkenntnisweg wird bereits in den Schuljahrgängen 5 und 6 an einfachen Beispielen nachvollzogen und in den folgenden Klassenstufen an komplexeren Themen vertieft.
Der Biologieunterricht fördert auch die allgemeine und fachliche Kommunikationskompetenz der Schülerinnen und Schüler. In der Auseinandersetzung mit biologischen Inhalten bedienen sie sich
zunächst ihrer Alltagssprache. Sie bringen ihre eigenen Vorstellungen, Vorkenntnisse und Ideen ein und tauschen sich im Lernprozess aus. Die Schülerinnen und Schüler lernen, sich in der Fachsprache mündlich und schriftlich über Phänomene und Sachverhalte differenziert und sachgerecht auszudrücken. Sie verwenden und verarbeiten vielfältige Informationsträger wie Texte, Grafiken, Symbole, Formeln und Gleichungen. Als Informationsquellen nutzen sie verschiedene Medien, werten Quellen aus und präsentieren ihre Ergebnisse adressatengerecht.
Dem Kompetenzbereich Bewertung kommt eine besondere Bedeutung zu, weil sich die Biologie mit lebenden Organismen und ihrer Umwelt beschäftigt. Der Mensch steht in der Verantwortung, auf Grundlage eines fundierten biologischen Fachwissens Bewertungen vorzunehmen. Themen der angewandten Biologie lassen häufig mehrere Lösungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu, sodass Entscheidungen erforderlich sind. Deshalb berücksichtigt der Biologieunterricht neben der fachbezogenen Auseinandersetzung mit den Inhalten auch die ethischen Aspekte des jeweiligen Themas. Dazu ist es zunächst nötig, Argumente zu sammeln, diese im fachlichen und ethischen Kontext zu überprüfen und zu gewichten. So sind die Schülerinnen und Schüler auch in Zukunft in der Lage, persönliche Entscheidungen zu treffen und am gesellschaftlichen Diskurs teilzunehmen.
Neben aktuellen Themen, die in den Unterricht eingebracht werden, eignen sich insbesondere folgende Inhalte, um Bewertungskompetenzen zu vermitteln:
• Artgerechte Heim- und Nutztierhaltung
• Erhalt der Artenvielfalt und Schutz von Ökosystemen
• Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung
• Aspekte der Gesundheit (gesunde Ernährung, Suchtgefahren)
• Sexuelle Selbstbestimmung und Toleranz (Verhütung; Homo-, Trans- und
Intersexualität)
• Möglichkeiten und Grenzen der Fortpflanzungsmedizin (PID)
Inhaltsbezogene Kompetenzen
Die inhaltsbezogenen Kompetenzen sind in der Oberschule den drei Basiskonzepten „System“, „Struktur und Funktion“ und „Entwicklung“ zugeordnet. Unterricht, der das Verständnis für Biologie auf
der Grundlage von Basiskonzepten entwickelt, stellt exemplarisches Vorgehen in den Vordergrund. Die Basiskonzepte bieten den Lehrkräften die Möglichkeit, aus der großen Themenfülle der Biologie – bei gleichzeitig engem Zeitrahmen – ein grundlegendes Basiswissen abzuleiten. Sie stellen somit eine Hilfe für die Auswahl von geeigneten Unterrichtsthemen dar.
Die Basiskonzepte ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, in der Vielfalt biologischer Phänomene eine Struktur zu erkennen, die ihnen den Zugang bei neuen Problemstellungen aus dem Bereich der Biologie erleichtert. Durch das Entdecken gleicher Erklärungsmuster an verschiedenen Phänomenen (z. B. Oberflächenvergrößerung am Beispiel von Blättern, Kiemen und Darmzotten) erfolgt eine Vernetzung von Themen, die zunächst zusammenhanglos erscheinen. Den Lernenden erschließen sich somit biologische Grundprinzipien, die ihnen eine hilfreiche Orientierung in der Vielfalt dieser Fachdisziplin erlauben. Für die Betrachtung biologischer Phänomene kommt der stammesgeschichtlichen Entwicklung eine besondere Bedeutung zu. Diese ist im Basiskonzept „Entwicklung“ verortet.
Quelle : 2014 Niedersächsisches Kultusministerium; Kerncurriculum für die Oberschule Schuljahrgänge 5 – 10; Naturwissenschaften